Vielfalt greifbar machen – Kollaboration neu denken

Wie können Menschen mit und ohne Sehbehinderung gemeinsam lernen, forschen und arbeiten – auf Augenhöhe und mit gleichen Gestaltungsmöglichkeiten? Am ACCESS∂KIT, dem Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien am Karlsruher Institut für Technologie, steht genau diese Frage im Fokus. 

Schon lange setzt das Zentrum auf barrierefreie Materialien, die für alle zugänglich sind, unabhängig vom individuellen Sehvermögen. Dazu gehören etwa Lehrmaterialien, die sowohl taktil geprägt als auch farblich gedruckt sind. Diese Art der Aufbereitung ermöglicht es blinden und sehenden Studierenden, sich über dieselben Inhalte auszutauschen, gemeinsam Aufgaben zu bearbeiten und voneinander zu lernen. So entstehen Lernumgebungen, in denen Unterschiedlichkeit kein Hindernis ist, sondern eine Ressource.

Zwei Personen arbeiten an Laptops in einem hellen Büro mit netzwerkartigen Strukturen auf Bildschirmen.
Hand berührt eine Braille-Tablet-Oberfläche zur Blindenschrift-Interaktion.

Mit neuen Technologien wird dieser Ansatz konsequent weitergedacht. Zukunftsweisend sind 2-dimensionale taktile Displays, auf denen blinde Studierende Grafiken und Inhalte nicht nur ertasten, sondern auch direkt bearbeiten können – etwa im MINT-Bereich. Der Tastsinn wird so zum aktiven Gestaltungselement. Diese innovativen Schnittstellen schaffen echte Teilhabe an digitalen Inhalten und ermöglichen eine gleichberechtigte Zusammenarbeit mit sehenden Kommilitoninnen und Kommilitonen.

Doch das ACCESS∂KIT ist weit mehr als eine Serviceeinrichtung für Studierende des KIT: in interdisziplinären Forschungsprojekten, in der Lehre und als Teil hochschulpolitischer Netzwerke setzt das Zentrum Impulse für eine inklusive digitale Transformation. Grundlage dieser Arbeit ist die Überzeugung, dass Barrierefreiheit kein technisches Add-on ist, sondern ein Merkmal der Digitalisierung – von Anfang an mitgedacht, partizipativ entwickelt und gesellschaftlich wirksam.

Ein Beispiel dafür ist das Projekt InclusiveVR@Work, das gemeinsam vom ACCESS∂KIT und dem Fraunhofer IOSB durchführt wird. Ziel ist es, virtuelle Arbeitsumgebungen so zu gestalten, dass auch Menschen mit hochgradiger Sehbehinderung aktiv darin mitwirken können – etwa in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. In diesem Projekt werden klassische Eingabemethoden wie Tastatur und Maus in Virtual Reality integriert und die Arbeitsumgebung so gestaltet, dass Inhalte und deren Ansicht individuell an das Sehvermögen angepasst werden können. Alle Mitglieder eines Teams können so gemeinsam an Projekten arbeiten – mit verschiedenen Perspektiven, aber denselben Möglichkeiten zur Mitgestaltung.

Solche Lösungen verdeutlichen: Wenn Systeme von Anfang an inklusiv gestaltet werden, profitieren alle. Der Dark Mode – ursprünglich für Menschen mit Sehbehinderung entwickelt – wird heute von vielen genutzt, um Bildschirminhalte augenschonender darzustellen. Inklusive Systeme sind anpassbar, flexibel und intuitiv – und genau das macht sie zu einem echten Mehrwert für alle. Sie schaffen Barrierefreiheit, ohne dass sich Nutzerinnen und Nutzer anpassen müssen. Digitale Teilhabe wird so nicht zur Sonderlösung, sondern zur Selbstverständlichkeit.

 ACCESS∂KIT auf einen Blick

Das Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien am KIT verfolgt einen Ansatz in drei Bereichen:

 Service 

Das ACCESS@KIT unterstützt Studierende mit Sehbeeinträchtigung durch Beratung und barrierefreie Umsetzung von Lehr- und Lernangeboten.

 Forschung

Am ACCESS@KIT wird untersucht, wie Barrierefreiheit gestaltet werden kann – von taktilen Displays, Systeme für die Mobilitätsunterstützung bis hin zu inklusiven VR-Anwendungen. Die Forschung erfolgt nutzungszentriert und praxisnah.

 Lehre

Das ACCESS@KIT bringt Themen wie Inklusion und Barrierefreiheit in die Lehre am KIT ein – durch Seminare, Vorlesung und Abschlussarbeiten.

Autor:innen:

Dr. Karin Müller

Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien
Stellv. Leitung

Julia Anken

Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien
Wissenschaftliche Mitarbeiterin