Emmy Noether

Eine Pionierin der Mathematik und ein Vorbild für alle Wissenschaftlerinnen

Der Name Emmy Noether begegnet nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Mathematik und Physik häufig im beruflichen Kontext. Insbesondere das nach ihr benannte Förderprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ist fächerübergreifend vielen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern bekannt. Doch wer war diese Frau, die ihre Reputation in einem Umfeld erlangte, das Frauen systematisch beruflich benachteiligte und gesellschaftspolitisch eine andere Rolle zuwies als die einer exzellenten Wissenschaftlerin?

Amalie Emmy Noether, geboren am 23. März 1882 in Erlangen, ist eine der bedeutendsten Mathematikerinnen des 20. Jahrhunderts. Ihre bahnbrechenden Arbeiten in den Bereichen Algebra und theoretische Physik haben die Grundlagen der modernen Mathematik und Physik nachhaltig beeinflusst.

Frühes Leben und Ausbildung

Emmy Noether wuchs in einer Familie auf, die auch der Tochter eine gute frühe Ausbildung zukommen ließ, wenngleich Mädchen der Besuch eines Gymnasiums zu der Zeit nicht erlaubt war. Ihr Vater Max Noether war Lehrstuhlinhaber für Mathematik an der Universität Erlangen und hatte mutmaßlich starken Einfluss nicht nur auf Emmy, sondern auch auf ihren jüngeren Bruder Fritz, der später ebenfalls als Mathematiker tätig war. Über Umwege legte sie 1903 ihr Abitur ab, studierte zunächst in Göttingen, dann in Erlangen. Ihre Promotion schloss sie 1907 mit summa cum laude ab. 
Im Anschluss arbeitete sie ohne offiziellen Status (Postdoc-Stellen waren ausschließlich Männern vorbehalten) und ohne Bezahlung am Lehrstuhl ihres Vaters. 1915 wechselte sie auf Einladung an die Georg-August Universität Göttingen, dem damals weltweit bedeutendsten Zentrum der mathematischen Forschung. Ihr Habilitationsantrag wurde trotz Befürwortung u.a. durch David Hilbert letztlich vom zuständigen Ministerium mit Verweis auf das Habilitationsverbot für Frauen abgelehnt. 
Nachdem in der Weimarer Republik deutliche Verbesserungen für Frauen erreicht wurden, wurde sie 1919 schließlich als erste Frau in Deutschland in Mathematik habilitiert. Dem mit der Habilitation erlangten Status einer Privatdozentin folgte 2022 der Titel „nicht beamteter außerordentlicher Professor“, den sie ebenfalls als erste Frau in Deutschland erhielt. Eine – gleichwohl geringe – Dotierung bekam sie allerdings erst 1923 durch einen Lehrauftrag, der jährlich neu beantragt werden musste. Eine ordentliche Professur erhielt sie im Gegensatz zu ihrem Bruder Fritz trotz ihrer herausragenden Leistungen nie. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie in dieser Zeit aus einer kleinen Erbschaft ihres verstorbenen Vaters.    

Historische Fotografie einer Frau mit hochgestecktem Haar und gemustertem Kragen. https://www.britannica.com/biography/Emmy-Noether

Wissenschaftliche Beiträge

Ab 1918 veröffentlichte sie viel beachtete, disruptive Aufsätze. Ihre Arbeiten sind in zwei Hauptbereiche unterteilt: die abstrakte Algebra und die theoretische Physik. In der Algebra entwickelte sie die sogenannte Noether-Theorie, die die Struktur von Ringen und Körpern beschreibt und die Grundlage für viele moderne algebraische Konzepte bildet. Ihre Arbeiten zur Invariantentheorie und zur Idealtheorie sind bis heute von zentraler Bedeutung.

In der Physik ist Emmy Noether vor allem für das, nach ihr benannte, Noether-Theorem bekannt. Dieses Theorem, das sie 1918 veröffentlichte, stellt eine fundamentale Verbindung zwischen Symmetrien und Erhaltungssätzen in der Physik her. Es besagt, dass jede kontinuierliche Symmetrie eines physikalischen Systems zu einer Erhaltungsgröße führt, wie beispielsweise die Energieerhaltung aus der Zeitinvarianz. Dieses Theorem ist ein Eckpfeiler der modernen theoretischen Physik und hat weitreichende Anwendungen in der Quantenmechanik und der Relativitätstheorie.

Leben in der Wissenschaft

Neben ihren herausragenden Forschungsarbeiten hatte sie aufgrund ihrer Lehrtätigkeit großen Einfluss auf den mathematischen Nachwuchs. Zahlreiche ihrer Doktorandinnen und Doktoranden wurden später angesehene Mathematikerinnen und Mathematiker, was ihre nachhaltige Wirkung auf die mathematische Gemeinschaft unterstreicht. 

Sie übernahm Gastprofessuren in Moskau (1928/29) und Frankfurt a. M. (1930) und erhielt hochrangige Auszeichnungen für Ihre wissenschaftliche Leistung. 

Als Jüdin war Emmy Noether 1933 durch das sogenannte „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ betroffen, mit dem die Nationalsozialisten versuchten, jüdische und politisch missliebige Personen aus dem Beamtentum zu entfernen. Obwohl sie keine Professorin war, verlor Emmy Noether ihre Anstellung und emigrierte Ende 1933 in die USA. Dort war sie am Women’s College Bryn Mawr als Gastprofessorin (mit zum ersten Mal auskömmlichem Einkommen) tätig. 

Emmy Noether starb am 14. April 1935 an den Folgen einer Operation.

Emmy Noether bleibt eine Inspiration für alle, die sich für Gleichberechtigung in der Wissenschaft einsetzen, und ihre Beiträge zur Mathematik und Physik sind ein bleibendes Erbe, das die Wissenschaft für immer verändert hat.

Quellen:


Autorin:

Anja Christ-Wetzel

Chancengleichheits- und Diversitätsmanagement
Stellv. Abteilungsleitung